Stein Nr. 0142

Die Geschichte zum Stein erzählt der Stadtchronist Frank Schimpke:

 

Auf den Spuren des Ritters Gozwinus de Brandez.

Vor mehr als 800 Jahren lebte in Brandis ein Herrengeschlecht, das sich nach seinem Besitz „von Brandis“ nannte. Unter den Edlen jener Zeit waren diese Herren von Brandis wohlangesehen. Bischöfe und Markgrafen zogen sie deshalb immer wieder hinzu, wenn wichtige Urkunden geschrieben wurden. Als Zeugen bürgten die Ritter für die Einhaltung der abgeschlossenen Verträge und Vereinbarungen. Als erster seiner Familie fand 1191 der Ritter Gozwinus de Brandez in einer Urkunde des Merseburger Bischofs Eberhard schriftliche Erwähnung. So manche alte Urkunde ist seither im Laufe der Zeit verloren gegangen. Von Gozwinus sind insgesamt drei schriftliche Erwähnungen bekannt. Neben der von 1191 noch eine von 1209 und die wohl bedeutendste vom Jahre 1212. Diese Urkunde war am 12. März 1212 bei einem Hoftag Kaiser Ottos IV. in Frankfurt / Main ausgestellt worden. Dieser war erst Anfang März von Italien nach Deutschland zurückgekehrt. Vom Papst mit dem Bann belegt, hatte der Kaiser im November 1211 wegen einer gegen ihn gerichteten Fürstenverschwörung seinen erfolgreichen Feldzug in Süditalien abbrechen und nach Deutschland zurückkehren müssen.

In Frankfurt / Main versammelten sich daraufhin zum Hoftag alle auf der Seite des welfischen Kaisers stehende Fürsten. Stets ihren eigenen Vorteil suchend, wechselten die Fürsten damals ziemlich oft die Fronten, und so mancher, der vorher bei Ottos Widersacher König Phillipp von Schwaben am Tische gesessen, gehörte nach dessen Ermordung 1208 zu den Gästen des Frankfurter Hoftages. Unter den vornehmen Gästen galt der Meißner Markgraf Dietrich der Bedrängte als Ausnahme. Wegen seiner Treue vom Minnesänger Walther von der Vogelweide gerühmt, hatte Dietrich, nachdem er 1198 durch Phillipp mit der Mark Meißen belehnt worden war, trotz vieler wechselhafter und verlustreicher Kämpfe bis zu dessen Tode beständig zu ihm gehalten.

Danach auf Seiten Ottos IV. erwies er sich ebenfalls als dessen treuer Verbündeter, auch nachdem sich 1210 wegen des über Otto verhängten Kirchenbanns viele Fürsten von diesem abgewandt hatten. Im Gefolge Dietrichs war auch Gozwinus von Brandis nach Frankfurt / Main gekommen. Wie der Markgraf gelobte er zusammen mit anderen einflussreichen Herren, Kaiser Otto IV. beizustehen „besonders gegen den Papst Innocenz, gegen König Ottokar von Böhmen, gegen den Landgrafen von Thüringen und überhaupt gegen jedermann in der Noth.“

Bald nach dem Treffen fiel Otto IV. in Thüringen ein. Ob Gozwinus an diesem Feldzug beteiligt war, lässt sich nur vermuten. Auch in späteren Auseinandersetzungen, z.B. dem Aufstand Leipziger Bürger gegen den Markgrafen 1215, verlieren sich die Spuren des Ritters im Dunkel der Geschichte.