Stein Nr. 0137

Die Geschichte zum Stein erzählt Brigitte Neumann, die Tochter von Martha:

Martha wurde als sechstes von acht Kindern der Eheleute Franz und Maria Nowotny am 14. März 2013 geboren.

Sie besuchte die damalige Volksschule. Nach der 8. Klasse gab es damals zwei Möglichkeiten für ein Mädchen. Entweder eine Arbeit in der Landwirtschaft aufzunehmen oder „in Stellung“ zu gehen; (eine Lehrausbildung war die Ausnahme). Sie wählte das letztere und arbeitete ein Jahr als Kindermädchen bei der Familie Rothe. Danach wechselte sie zu Familie Fichtner in der Hauptstraße. Sie betreute die ersten zwei Jahre die beiden Kinder Christa und Werner. Dann lernte sie die Haushaltsführung und Kochen. Hierbei erhielt sie von der Frau des Hauses viele gute Tipps, z. B. folgenden „Martha, wenn Sie Klöße machen, kosten Sie, bevor Sie das Mehl dazugeben“. Das letzte Mädchen hatte einmal Puderzucker statt Mehl verwendet.

Oft war sie dann auch mit in der Werkstatt. Einmal sollte sie am Jahresende Matratzen ausliefern. Als sie die Kundenadresse las, staunte sie. Es war ihre eigene und somit ihr Weihnachtsgeschenk. Als Martha Nowotny später als Dienstmädchen in der Gaststätte „Zum Ross“ arbeitete, lernte sie Paul Knauer kennen, der auf dem Flugplatz Polenz als Soldat stationiert war. Sie heirateten 1944 und kurz nachdem Paul aus der Kriegsgefangenschaft kam, wurde 1945 im Mai das erste Kind geboren. Ihr Mann fand Arbeit in der MITOKO Brandis. Dort bekam die junge Familie auch eine Werkswohnung  und 1947 stellte sich die zweite Tochter ein. Zeitzeugen wissen, dass das Leben für eine junge Familie im Nachkriegsdeutschland nicht einfach war. Zum Glück erhielten sie in der Macherner Straße einen Garten aus Bodenreformland. Hierdurch wurde die noch rationierte Lebensmittelversorgung aufgestockt. Man konnte sogar Hühner, Gänse und Kaninchen halten und dank des Gartens füttern.

Martha Knauer hatte also als Hausfrau mit der Kindererziehung, der Versorgung der Familie und der Gartenarbeit genug zu tun.

Aber natürlich blieben Wünsche offen, denn Pauls Verdienst als Baggerführer war damals nicht gerade üppig. Sie wollte erst nur etwas zuverdienen, um für die größer gewordene Familie und sich selbst einige „Extras“ zu ermöglichen. Anfangs putzte Martha Knauer in der MITOKO die Büros. Dann fiel die Köchin der Betriebskantine aus und sie übernahm deren Arbeit. Das war eine sehr hohe Belastung, körperlich und auch nervlich. Aber sie schaffte es. Inzwischen war ihr Mann zum „Schweißgerätebau“ gewechselt. Hierhin folgte sie ihm. Schon nach kurzer Einarbeitungszeit beherrschte sie die vorher unbekannte Tätigkeit an den Maschinen.

Der Kreis schloss sich wieder in der Bergstraße. Die Firma, welche die Krause – Duos herstellte (ehemals Bohr), verlegte Teile ihrer Produktion von der Polenzstraße  in Räume der der ehemaligen MITOKO. Paul und Martha Knauer arbeiteten hier viele Jahre, noch über das Rentendatum hinaus. Er war in der Endkontrolle und als „Testfahrer“ mit Dienstausweis tätig und Martha arbeitete in der Produktion. Hieran und an die Erlebnisse mit den Kollegen denkt sie gerne zurück.

Ein ganzes Leben verbrachte Martha Knauer in Brandis. Sie kennt natürlich alle alten und auch neuen Ecken sowie viele „alte Brandiser“. Bei ihren täglichen Spaziergängen rund um und durch die Stadt freut sie sich, wenn sie sieht, dass Altes erhalten und gepflegt und Neues geschaffen wird.

Davon erzählt sie uns oft bei Familienzusammenkünften oder am Telefon.

Möge es noch lange so sein.