Stein Nr. 0064

Die Geschichte zum Stein erzählt der Stadtchronist Frank Schimpke und der ehemalige Schulleiter der Mittelschule Brandis Dittrich Teicher:

1906 Schulneubau

Eine Investition für die Zukunft

Wie viele Brandiser sind in dem altehrwürdigen Schulgebäude an der Schulstraße unterrichtet worden? Vermutlich hat sich noch niemand die Mühe gemacht, dies herauszufinden. Die Zahl muss sehr hoch sein, wenn man bedenkt, dass dort seit dem 8. Januar 1907 bis heute unterrichtet wird.

1905 waren es 715 Mädchen und Jungen aus Brandis und Cämmerei, die in den beiden Schulgebäuden am Kirchplatz und an der Hauptstraße unterrichtet wurden. Für den Unterricht standen lediglich acht Klassenräume zur Verfügung! Um der bestehenden Schulraumnot beizukommen, beschloss der Schulvorstand im gleichen Jahr den Bau einer neuen Schule auf dem Gelände der „Drei Gärten“. Nach Entwürfen des Leipziger Architekten Richard Berthold entstand während der Amtszeit von Schuldirektor Paul Rülke ein für damalige Verhältnisse sehr modernes Schulgebäude. Die Stadt musste wegen der Baukosten von rund 250 000 Mark einen Kredit aufnehmen, der die Stadtkasse auf Jahre hinaus stark belasten sollte.

Allein 50 000 Mark kosteten die Betonarbeiten, welche wegen des instabilen Bauuntergrundes sich als nötig erwiesen. Es gab deshalb viel Kritik von Stadträten und aus der Bevölkerung.

Zu Ende des Jahres 1906 war der für Brandis als zu prunkvoll bezeichnete Bau fertig gestellt.

Die feierliche Einweihung fand am 7. Januar 1907 statt. Frühmorgens zogen die Schüler von der alten Schule zum neuen Schulstandort. Nach einer kurzen Ansprache übergab am Hauptportal der neuen Schule Architekt Berthold den Schulschlüssel an Bürgermeister Siegert, dem Vorsitzenden des Schulvorstandes.

Das große Staunen kam danach, als die Schüler ihre neuen Klassenräume aufsuchten. Helle lichtdurchflutete Räume, darin moderne Schulbänke, an Stelle der bisherigen Fünf-, Sechs- und Siebensitzer. Bemerkenswert auch die moderne Dampfheizung im Gegensatz zu den eisernen Öfen der alten Schule.

Auch alle Einwohner des Ortes hatten an diesem Tag die Gelegenheit das neue Schulhaus zu besichtigen.

Im Schulsaal hielt der Grimmaer Bezirksschulinspektor Dr. Michel vor dem Schulvorstand, der Gemeindevertretung, Lehrern und den oberen Schulklassen die Weiherede. Er weihte die neue Schule als eine „Stätte der Erziehung zur Gottesfurcht und Vaterlandsliebe“. Anschließend übergab der Bürgermeister im Namen des Schulvorstandes das neue Schulhaus an Schuldirektor Rülke, der sich bei allen bedankte, die sich um dessen Bau Verdienste erworben hatten. Mit einem Schlussgebet, gesprochen von Ortspfarrer Müller, ging die bewegende Feier zu Ende. Die musikalische Umrahmung der Feier erfolgte durch die Schüler und das Lehrerkollegium.

Am nächsten Tag begann für 15 Klassen mit 696 Schülern der planmäßige Unterricht.

Für viele Jahre sollte die neue Schule beste räumliche Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf des Schulunterrichtes bieten.

Aus dem Internet entnommen:

Da Schuldirektor Rülke kurz darauf verstarb, übernahm ab 1. Juli 1908 Max Berndt die Leitung der Schule. In seine Amtszeit fielen die schweren Jahre des Ersten Weltkrieges. Ein großer Teil der Lehrerschaft war zum Kriegsdienst einberufen, sodass nur durch Überstunden und Hilfskräfte der Unterricht aufrechterhalten werden konnte. Doch Brandis hatte das seltene Glück, dass alle kriegsteilnehmenden Lehrer in die Heimat und ins Amt zurückkehren konnten. In der Nachkriegszeit wurde durch die Gesetzgebung die Klassenstärke herabgesetzt und auch Hilfsschulklassen wurden eingerichtet.

Somit mussten weitere Lehrer eingestellt werden, da sich die Anzahl der Klassen erhöhte. Im Jahr 1938 unterrichteten 19 Lehrer genau 700 Schüler in 22 Klassen. Der Schulleiter, der sich jetzt Rektor nannte, war bis 1941 Georg Steinbach. Er hatte sein Amt seit 1922 inne. Seit 1933 war die Schule als Institution vollkommen zu einem Werkzeug der „Neuordnung aller Dinge“ geworben, die die Kraft des Volkes zu einem einzigen politischen Willen, in einer einzigen Weltanschauung zusammenfasste. Die gesamte Erziehung musste in dieser Zeit dem genannten Prinzip untergeordnet werden. Die Lehrkräfte, ob sie wollten oder nicht, mussten sich der damals geltenden Weltanschauung und der politischen Macht beugen, um nicht ihre Stelle zu verlieren. Mit Überzeugung arbeitete damals wohl selten ein Lehrer im politischen Fahrwasser der NSDAP. Man wurde zum Heucheln getrieben.

Brandiser Schule nach 1945

Einer Mitteilung vom 28. September 1945 ist zu entnehmen, dass die Aufnahme der Schulanfänger am Montag, dem 1.Oktober 1945, im Schulsaal der Brandiser Volksschule stattfand. Für alle anderen Schüler der ehemaligen Klassen 1 bis 7 begann nach wochenlanger Pause am nächsten Tag der Unterricht. Als Schulleiter wurde der ehemalige Beuchaer Lehrer Otto Thiele eingesetzt. Die Volksschule hieß jetzt Grundschule.

Das altehrwürdige Gebäude beherbergt seit 1992 das Gymnasium der Stadt Brandis.