Stein Nr. 0028
Die Geschichte zum Stein erzählt der Enkel Hans Werner Bärsch:
Am 13.07.1998 wurde in der Bergstraße Brandis ein Altenpflegeheim eröffnet. Kaum jemand der jüngeren Brandiser weiß, dass das Areal des Pflegeheimes früher ein Fabrikgelände zur Herstellung von Ziegelsteinen war.
Bereits 1898 wurde das Gelände bebaut. Aus der eigenen, südlich der heutigen Polenzstrasse liegenden Grube wurde Ton verarbeitet und bis 1918 hauptsächlich Dachziegel gebrannt. 1904 zerstörte ein Großfeuer die Hauptanlagen.
1918 zog mein Großvater, Ewald Brinkhoff (1883-1958), nach Brandis und gründete die MITOKO. MITOKO ist abgeleitet von M i tteldeutsche Ton – und Kohlenwerke.
Unter seiner Leitung wurde das Werk modernisiert und auf Klinker- und Hohlziegelprodukte umgestellt. 1930 erhielt Ewald Brinkhoff das Patent für die Entwicklung seines NO-F-T-Sparbausteines. Millionenfach wurde dieser Stein für den Bau von Siedlungshäusern verwendet.
In dieser Zeit wurden in Brandis unter anderem auch die „Fliegerhäuser“ mit diesen Ziegeln erbaut.
In diesen Häusern wohnten die Familien des Personals vom Flugplatz Waldpolenz. In der Schützenstraße, Grimmaischen Straße, Robert-Koch-Straße, Poststraße und Kurze Straße finden wir die heute teils modernisierten „Fliegerhäuser“.
1936 wurde durch den Einsatz einer Ziegelpresse eine Tagesproduktion von 60.000 Stück erreicht. Von 1942-1946 wurde das Werk kriegsbedingt stillgelegt.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges erfolgte 1946 die Wiederaufnahme der Produktion.
Es herrschte großer Mangel an Brennstoff. So wurde die in der Grube gefundene „Kohle“ zu Braunkohlen – Nasspresssteinen verarbeitet. Bereits 1950 wurden jährlich 10 Mio. Ziegelsteine hergestellt.
Ab 1952 entwickelte sich die MITOKO – Brinkhoff u. Co. KG zu einem führenden Fach-betrieb mit über 100 Beschäftigten. Stahlwerke und Gießereibetriebe wurden mit patentierten Spezialerzeugnissen beliefert, da der aus der Grube geförderte Brandiser Ton hoch-feuerfeste Eigenschaften aufweist.
Private Betriebe, wie die MITOKO, gerieten ab 1955 zunehmend unter politischen und wirtschaftlichen Druck der staatlichen Behörden der DDR. Die MITOKO wurde in einen Betrieb mit staatlicher Beteiligung umgewandelt und im Dezember 1959 zwangsverstaatlicht.
Von 1960 bis zum 31.12.1968 wurde unter dem Namen Volkseigener Betrieb (VEB) Hohlziegelwerk Brandis produziert. Danach wurde der Betrieb geschlossen. Das Gelände verwilderte mehr und mehr, die Gebäude zerfielen.
Ewald Brinkhoff, der Gründer der MITOKO, hatte 3 Töchter. Eine davon, Gontrude Brinkhoff, verheiratete Bärsch, war von 1952 bis 1957 im väterlichen Betrieb beschäftigt.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 beantragten die MITOKO – Gesellschafter die Rücknahme der Zwangsverstaatlichung aus dem Jahr 1959.
Hans-Werner und Claus-Eckerhard Bärsch, die Söhne von Gontrude Bärsch, gründeten 1992 die MITOKO – Entwicklungsgesellschaft mbH. Damit begann eine neue Etappe für die Nutzung des Areals.
Die Firma entwickelte ein Konzept für ein Seniorenzentrum in Brandis, führte anfänglich die dafür notwendigen Erschließungsarbeiten durch, sodass am Ende 6 Wohnhäuser mit 72 altersgerechten Wohnungen, 12 Reihenhäuser, das Wohngebiet Bergstraße Erlenring und als Schwerpunkt das Altenpflegeheim entstanden.
Dieses Heim war als teilweiser Ersatzbau für die Heimbewohner des Schlosses Brandis geplant und entwickelt, es gründete sich die Altenheimgesellschaft Brandis mbH.
Am 13.07.1998 sind die aus dem ehemaligen Landkreis Wurzen zugezogenen Heim-bewohner vom Schloss Brandis (Eigentümer und Betreiber Stadt Leipzig) in das neue Haus in der Bergstraße eingezogen.
Im Jahr 2001 wurde das ehemalige Verwaltungsgebäude bzw. Wohngebäude der alten Firma MITOKO um – und ausgebaut. Am 1.11.2001 wurde ein zweites Haus für die stationäre Altenpflege eröffnet.
Am 5.8.2005 wurde der Sinngarten eröffnet – es können für alte Menschen verblassende – verlorene Sinne wie hören, riechen, fühlen, tasten und schmecken wieder aktiviert werden.
Auf dem alten MITOKO – Gelände ist nun nach über 100 Jahren mit den 2 Pflegeheimen, 72 altersgerechten Wohnungen und dem öffentlichen Sinngarten das Seniorenzentrum Brandis, Bergstraße entstanden.